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E-Health-Magazin

Im Gespräch mit Experten aus Hessen werden verschiedene Projekte, Themen und Fragestellungen zum Thema E-Health und Telemedizin erörtert.

 

 

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Übersicht unserer Interviews

Hans Georg Jung,
Koordinator des E-Health-Projektes IVENA (Interdisziplinärer Versorgungs-Nachweis), Stabsstelle medizinische Gefahrenabwehr, Stadt Frankfurt

Die E-Health-Anwendung IVENA ermöglicht eine schnelle und hocheffiziente Versorgung von Notfallpatienten.

1. Welche E-Health-Anwendung nutzen Sie in Ihrer täglichen Arbeit?

Seit 2013 kommt in Hessen die Software IVENA zum Einsatz, die die Koordination von Krankenhäusern, Rettungsdiensten und der Leitstellen in der Versorgung von Notfallpatienten effektiver und transparenter gemacht hat. IVENA ermöglicht eine schnelle Informationsübersicht über das Leistungsspektrum aller Krankenhäuser in Hessen. Ohne Zeitverlust können Krankenhäuser ihren Versorgungstatus und die Behandlungsmöglichkeiten schnell und einfach abbilden. Dies bedeutet, dass alle an der Notfallversorgung Beteiligte in Echtzeit sehen, welches Krankenhaus über freie Versorgungsmöglichkeiten verfügt. Das Krankenhaus erhält über IVENA die wichtigsten Informationen noch vor dem Eintreffen des Notfallpatienten. Das spart Zeit und verschafft den Krankenhäusern wertvolle Minuten für die Vorbereitung. IVENA ermöglicht somit auch einen Beitrag zur Patientensicherheit.

2. Wie ist es zu dem Projekt IVENA gekommen?

In der Vergangenheit kam es immer wieder zu Verzögerungen in der medizinischen Versorgung von Notfallpatienten. Es bestand keine oder nur eine sehr unzureichende Übersicht welche Krankenhäuser welche Notfallpatienten versorgen können. Die Kommunikation mit den Krankenhäusern erfolgte in der Regel über das Telefon und war sehr zeitaufwändig. In der Konsequenz wurden im Rettungseinsatz erhebliche Schnittstellenprobleme in der präklinischen und klinischen Patientenversorgung deutlich, die zu Störungen der Behandlungskette führten. Für die Leitstellen, Rettungsdienste und Krankenhäuser führte dies im Jahr 2009/2010 zur Erkenntnis, dass ein Interdisziplinärer Versorgungs-Nachweis (IVENA) benötigt wurde. Benötigt wurde ein qualitätsgesichertes transparentes Management von sektorenübergreifende Vernetzung in dem alle Beteiligte der Patientenversorgung eingebunden und vernetzt sind. Das Gesundheitsamt der Stadt Frankfurt hat in enger Kooperation mit den benachbarten Stadt- und Landkreisen IVENA entwickelt und nach einer zweijährigen Pilotphase im Jahr 2013 IVENA in den Regelbetrieb genommen.

3. Wie funktioniert IVENA?

IVENA ist eine web-basierte E-Health-Anwendung. Entsprechend dem rechtlichen Regelungsrahmen des Landes Hessens sind alle hessischen Krankenhäuser mit Ihrer Fachgebietsstruktur und dem möglichen Behandlungsspektrum sowie der zur Verfügung stehenden Diagnostik hinterlegt. Über ein auf die Klinik abgestimmtes medizinisches Leistungsspektrum erfolgt die passgenaue Disposition und Zuweisung der Notfallpatienten in das nächst geeignetem Krankenhaus. Über ein speziell in der Klinik vorhandenes Notfallalarmierungssystem werden die wesentlichen Patientenparameter anonymisiert dem Zielkrankenhaus vorab übermittelt. Das Hosting der IVENA-Datenbank als auch der administrative Support erfolgt durch das kommunale Gebietsrechenzentrum ekom21 KGRZ Hessen. Damit wird ein Höchstmaß an Sicherheit und Verfügbarkeit für das System und den ergänzenden Support gewährleistet.

4. Wem nutzt IVENA?

In erster Linie profitieren die Notfallpatienten von dem System. Einsätze, bei denen Rettungswagen mit einem Notfallpatienten während der Fahrt umkehren mussten, da im angesteuerten Krankenhaus keine medizinische Versorgung möglich ist, gehören der Vergangenheit an. Da alle wichtigen Daten über den gesundheitlichen Zustand des Patienten werden vorab an das Krankenhaus übermittelt werden, ermöglicht dies für den Patienten eine bestmöglich auf ihn abgestimmte Vorbereitung und Behandlung in der klinischen Versorgung.

Durch IVENA ergeben sich auch unmittelbare Vorteile für den Rettungsdienst. Dem Rettungsdienst wird eine bestmögliche Entscheidung für die Zuweisung in ein geeignetes Krankenhaus ermöglicht. Mit der Anmeldung im Krankenhaus haben sich zudem die Übergabezeiten im Krankenhaus und damit verbunden die Gesamtversorgungszeit deutlich verbessert.

Die Krankenhäuser profitieren durch die transparente Vernetzung der beteiligten Leitstellen und Rettungsdienste und können ihre Ressourcen somit effektiv nutzen. Das spart Zeit und verschafft den Krankenhäusern wertvolle Minuten für die Vorbereitung auf den eintreffenden Patienten. Sie wissen sehr frühzeitig, ob der Schockraum vorbereitet sein muss oder ob eine Herzkatheter-Untersuchung notwendig wird. Den Patienten ermöglicht dies eine schnelle und hocheffiziente Versorgung.

5. Welche Herausforderungen gab es bei der bei der Entwicklung? Welches Erfolgsrezept können Sie weitergeben?

IVENA ist im Jahre 2009/2010 zunächst als vielbeachtetes Pilotprojekt mit Unterstützung des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration in der Rhein-Main Region gestartet. Um das Projekt erfolgreich aufzusetzen war die gleichberechtigte fachliche Einbindung ohne Vorbehalte von Vertretern der Gesundheitsbehörden, Krankenhäusern, Rettungsdiensten, Feuerwehren, zwingend notwendig. Es zeigte sich sehr schnell, dass die Herausforderung darin bestand, die unterschiedlichen Interessenlagen zu koordinieren und abzustimmen, was nicht immer einfach war. Das Wissen und Verständnis voneinander war letztendlich der Garant für den Erfolg. Dieser führt nachfolgend zur hohen Akzeptanz und hessenweiten Etablierung von IVENA. Die Finanzierung durch die Krankenkassen sowie die Absicherung zum Betrieb von IVENA konnte über ein gemeinsames Gesamtvertragswerk zwischen den Landkreisen und kreisfreien Städten und den Spitzenverbänden, Hessischer Städtetag und Hessischer Landkreistag, sichergestellt werden.

6. Haben Sie nach der hessenweiten Umsetzung noch weitere Ziele?

IVENA kommt mittlerweile in acht Bundesländern erfolgreich zum Einsatz. Vorrangigstes Ziel wird daher die länderübergreifende Migration der IVENA Nutzern sein. Eine weitere Herausforderung wird die Vernetzung der digitalen Datenerfassung im Rettungsdienst an eine komplementäre Struktur zur Datenweitergabe an die Krankenhäuser sein. Aber auch die Einbindung von weiteren Beteiligten der Gesundheitsversorgung in IVENA wie Arztpraxen, Altenheime und Pflegeheime, wäre ein Ziel.