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05. Okt 2022

„Gesundheitswesen goes digital: Packen wir‘s an“

© HMSI

Unter diesem Motto fand heute der 8. eHealth-Kongress Rhein-Main und Hessen statt. Dazu eingeladen hatten die vier Veranstalter: die Initiative gesundheitswirtschaft rhein-main (gwrm) e. v., das Hessische Ministerium für Soziales und Integration (HMSI), die Industrie- und Handelskammer (IHK) Hessen innovativ und die Techniker Krankenkasse (TK) in Hessen. Nach 2019 fand der Kongress nun erstmals wieder in Präsenz und in vollem Umfang statt – inklusive einer Ausstellung sowie Fachforen am Nachmittag.

IHK-Vizepräsident Klaus-Stefan Ruoff begrüßte beim eHealth-Kongress Rhein-Main und Hessen rund 300 Gäste in der Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main. Mit seinen Worten leitete er den Kongress ein, der allen Teilnehmenden eine Plattform bot, um über die großen Herausforderungen der Digitalisierung zu diskutieren und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Den Auftakt dazu machte Dr. Susanne Ozegowski, die neue Abteilungsleiterin Digitalisierung und Innovation im Bundesministerium für Gesundheit (BMG). Sie stimmte das Publikum mit ihrer Keynote auf die folgende Podiumsdiskussion ein, an der sie mit den Kongressveranstaltern zur Leitfrage „Digitalisierung: Alle wollen, aber jeder nur für sich“ teilnahm.

Die Veranstalter waren vertreten durch:

  • Thomas Ballast, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der TK,
  • Stefan Grüttner, Vorsitzender der gwrm,
  • Kai Klose, Schirmherr des Kongresses und Hessischer Minister für Soziales und Integration und
  • Dr. Matthias Willems, Präsident der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM).

Gemeinsam begaben sie sich auch in die Diskussion, um einen selbstkritischen Blick auf das Gesundheitswesen zu werfen. Denn: Trotz vieler Fortschritte bleibt Deutschland im Vergleich zu anderen Staaten weiter hinter seinen Möglichkeiten zurück. Ein Grund dafür mag auch sein, dass die Player im Gesundheitssystem beim Digitalisieren jeweils am liebsten unter sich bleiben. Es gibt viele Insellösungen und einzelne funktionierende Projekte, die Vernetzung aber kommt nicht voran.

Sozialminister Klose wies auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Beteiligten innerhalb des deutschen Gesundheitssystems und auf den gestiegenen Kostendruck nach zweieinhalb Jahren Corona und angesichts der aktuellen Energiepreis- und Inflationsproblematik hin: „Doch Corona birgt auch eine Chance: Noch nie war die Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure auch über Sektorengrenzen hinweg so eng und intensiv wie in dieser Krise. Je größer die Herausforderungen sind, desto enger muss die Zusammenarbeit sein“, so Klose. In Hessen habe diese Zusammenarbeit gerade auch im Bereich Digitalisierung im Gesundheitswesen erfolgreiche Projekte hervorgebracht, u.a. das koordinierende Notruf-Projekt SaN, das Landesprojekt „TeleCOVID“ oder das Hessische Krebsregister. „Credo der Landesregierung ist: Digitalisierung muss den Menschen dienen. Das Patientenwohl ist der Maßstab, an dem auch Digitalisierung im Gesundheitswesen ausgerichtet und gemessen werden muss.“

Mehr Verständnis für Digitalisierung aufbauen
Digitale Prozesse und Partizipation zu gewährleisten seien zentrale Teilbereiche für ein funktionierendes digitales Gesundheitssystem, unterstützte Prof. Matthias Willems, Präsident der THM und in der Diskussionsrunde Repräsentant der IHK. „Genauso wichtig ist es aber auch, die Menschen für die Digitalisierung fit zu machen und Fachkräfte an Bord zu haben, die bei allen Chancen und Hürden an der Seite der Institutionen sind“, erklärte er. „Wir müssen in der Ärzteschaft und bei den Playern der Selbstverwaltung mehr digitales Verständnis schaffen.“ Dies sei die Grundlage für Digitalisierung.

„Unsere Forschungsprojekte leisten entscheidende Impulse für die Digitalisierung der Medizin. Wichtig ist, dass diese Impulse aber auch in den Praxen, am Ende also bei den Patientinnen und Patienten ankommen“, sagte Prof. Willems. "Wir erleben, dass unser Gesundheitssystem stellenweise an Grenzen stößt. Ich bin überzeugt, dass Behandelnde wie Behandelte von intelligent eingesetzter Digitalisierung nur profitieren können." Das an der THM angesiedelte Kompetenzzentrum für Telemedizin und E-Health Hessen trage mit den Forschungen zur Digitalisierung des Gesundheitswesens bei.

Start-ups: Barrieren im Gesundheitssystem senken
Die Gesundheitswirtschaft indes sei auf andere Systemanpassungen angewiesen, wie Stefan Grüttner, Vorsitzender der gwrm, erklärte. Die Gesundheitswirtschaft sei einer der größten und stabilsten Wirtschaftssektoren. Umso mehr verwundere es, dass im Teilbereich Gesundheitswesen und Pflege der Digitalisierungsstrategie anscheinend immer noch die elektronische Patientenakte und das E-Rezept die Schwerpunkte ausmachten. „Wir müssten hier längst weiter sein“, meinte Stefan Grüttner, Vorsitzender der gwrm.

„Im Bereich der Gesundheitswirtschaft werden hochinnovative Produkte zur Behandlung, Diagnose und Therapie entwickelt. Die Digitalisierung spielt dabei eine sehr wichtige Rolle. Hohe Eintrittsbarrieren machen für die kreativen Start-ups und deren hochinnovative Ideen und Geschäftsmodelle den attraktiven Gesundheitsmarkt kaum erreichbar. Innovative Ideen werden dadurch oft schon im Keim erstickt. Darum müssen wir uns kümmern!“, appellierte Grüttner. Insgesamt lasse das Tempo der Digitalisierung in der Gesundheitswirtschaft noch viel zu wünschen übrig. „Deshalb sind in diesem Bereich bessere und verlässliche Rahmenbedingungen für digitale Angebote und Produkte unabdingbar“, forderte Grüttner.

Versorgung verbessern für alle Beteiligten
Thomas Ballast, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der TK, hält einen erleichterten Marktzugang für Innovationen ebenfalls für sinnvoll. Auch Start-ups könnten frische Impulse für viele Probleme im Gesundheitswesen liefern. In Deutschland stecke durchaus Innovationskraft in Sachen digitaler Gesundheit. „Der Fokus muss bei digitalen Innovationen aber auf dem tatsächlichen Mehrwert aus der Nutzerperspektive liegen. Wir neigen immer noch zu sehr zu Spezialistenlösungen, die denen, die die Innovation nutzen sollen, zu wenig helfen“, so Ballast. Was die Digitalisierung des Gesundheitswesens insgesamt angeht, so stehe Deutschland unter Handlungsdruck. Das nötige Gesamtkonzept einer Digitalisierungsstrategie sei längst überfällig. “Das allein wird aber nicht reichen. Alle Player im Gesundheitswesen müssen gemeinsam an einem Strang ziehen, um die Vorhaben für eine zielgerichtete Digitalisierung schnell auf die Straße zu bringen“, forderte Ballast.

Hintergrund:
Die gesundheitswirtschaft rhein-main (gwrm) initiierte 2014 den eHealth-Kongress Rhein-Main und Hessen mit jährlichem Turnus. Seit 2016 sind IHK Hessen innovativ unter dem Dach der IHK Frankfurt am Main und seit 2018 das Hessische Ministerium für Soziales und Integration und die Techniker Krankenkasse (TK) die gemeinsamen Veranstalter des Kongresses. Ziel ist es, das Potenzial digitaler Technologien in der Gesundheitsversorgung aufzuzeigen, potenzielle Partner für die Entwicklung neuer eHealth-Anwendungen zusammenzuführen und die medizinischen sowie politischen Herausforderungen für eine flächendeckende Versorgung zu diskutieren und zu bewältigen.